Will Kunst uns etwas sagen? Will sie etwas bedeuten? Will Kunst etwas transportieren? Will die Künstlerin, will der Künstler auf etwas hinaus?
Das kann, das muss uns aber nicht kümmern. Wenn wir besonders an der Künstlerin interessiert sind, suchen wir sie in ihrer Kunst, das kann passieren. Die Kunst selbst lässt das kalt.
Wir möchten loben wir möchten kritisieren, wir möchten verstehen.
Eins ist gewiss: Kunst möchte gesehen, berührt werden, möchte bewegen, berühren, erspürt werden. Sie braucht diejenigen, die ihr begegnen, die sie wahrnehmen, sie erzwingt Reaktion. Natürlich ist sie nicht darum KEINE Kunst, weil sie in der Schublade liegen bleibt. Dann ist sie immer noch Potential. Doch sobald jemand sie wahrnimmt, erfährt er oder sie sie bereits. Dagegen sind wir machtlos. Selbst wenn wir uns voller Ablehnung abwenden, hat sie sich schon erfüllt, die Veränderung, die Kunst immer bewirkt. Mal feinsinnig, mal großspurig, mal scharf, mal weit.
Kunst ist also fortwährend in Bewegung. Sie meldet sich bereits, bevor sie sichtbar wird. Mehr noch, während sie entsteht. Wenn sie veröffentlich wird. Und weiterhin und immerzu, so lange und sobald sie in Kontakt zu Betrachtenden tritt. Diese Bewegung erzeugt zuweilen eine kaum greifbare Unschärfe. Denn sie erzeugt Resonanz, feine Schwingungen, manchmal große Stürme, die sich nicht fixieren und damit scharf stellen lässt. Sie bewegt nie nichts. Denn, wie ein bekannter Kommunikationsforscher es einmal formuliert hat: Wir können nicht nicht kommunizieren. Auch Kunst kann das nicht. Sie kann natürlich missfallen, uns leer erscheinen, bedeutungslos, nichts-sagend. Doch allein schon diese Wahrnehmung ist das Gegenteil von nichts. Am Ende ist aber nicht die Bewegung der Kunst, worum es geht, sondern die Bewegung derjenigen, die ihr begegnen.
Langweilig, aber wahr: Die Kunst liegt im Auge der Betrachtenden.
Wenn diese sich äußern, deuten sie, verändern sie, verengen sie, helfen sie.
Das treiben wir in Schreibwerkstätten auf die Spitze. Wir färben Kunst vielstimmig ein. Sie wird zu Dialog, erhält Zuschreibungen. Wertungen. Das ist subjektiv, ungerecht, einengend und erleichternd zugleich. Wir lassen uns darauf ein, selbst gefärbt zu werden. Ein empathischer Akt, dem ein empathischer Akt voraus ging. Wir legen uns kurz mal fest, und danach lassen wir die Kunst wieder los. Vielleicht kann sie sich nicht mehr daraus befreien, auf eine bestimmte Weise gelesen, gesehen zu werden. Vielleicht kommt das aber anderer Kunst zugute, der man beim nächsten Mal eigenständig mit Text begegnet, mit Theater, mit Spiel und SPASS.
Nicola Bongard
"Die vornehmste Aufgabe von Museen ist es, die Beobachtungs- und
Empfindungsfähigkeit zu steigern, und nicht Gelehrte zu erzeugen;
Museen sollten dem Menschen dabei helfen, sich in dem großen Museum
zurechtzufinden, das jedes Land ist und das wir ständig besuchen, ohne
es zu merken.“
Kenneth Hudson